Donnerstag, 12. Juni 2014

Auch du, stummer Brutus?

© Laura Spes

Es ist muffig, das Licht flackert ein wenig, und die grauen Kellerwände versprühen den Charme einer Stasi-Verhörzelle. Perfektes Ambiente für eine gleichsam verstörende, wie auch einnehmende Inszenierung. Caesar im Haus der kleinen Künste punktet mit einem professionellen Amateurensemble und starken Bildern.

Wohlweislich betitelt mit ‘nach Shakespeare’, versetzt Regieneuling Danijel Szeredy das Geschehen des 400 Jahre alten Dramas in die heutige Zeit und bleibt doch dem julianischen Rom treu. Brutus, der Verräter, gequält von seiner Tat und seinem Streben nach Freiheit, bezahlt den Preis für seinen Vatermord und muss sich Folter und Verhör stellen. Szeredy hat neben der Überarbeitung des Textes und der Direktion auch noch eben die Hauptrolle übernommen. Immerhin musste er dafür keinen Text lernen – sein Brutus bleibt stumm, auch angesichts von Gewalt und Verzweiflung entweicht seinen Lippen kein Ton. Sprach-, fassungs- und klaglos rennt er schlussendlich in das ihm angebotene Messer.

© Laura Spes
Er ist der einzig Leise in dieser Welt voller Anzugträger, die sich uns in diesem Keller darbietet. Caesar selbst (William Newton) kommt nicht oft zu Wort, er lässt lieber den Chor sprechen. Die drei Mädchen, die sich so unglaublich synchron artikulieren, dass es fast gruslig wirkt, sind Folterknechte, Bürger und Aufständische zugleich. Deren Stimmgewalt wird im letzten Akt schmerzhaft deutlich, als die Akustik des kleinen Raumes zum tausendfachen Widerhall ihrer Schreie führt und man sich auf der Startbahn eines Flughafens wähnt. Allgemein wird zu viel auf Lautstärke gesetzt, was schade ist, da die Darsteller es auch ohne den extremen Geräuschpegel vermögen, den Raum zu füllen. Nur Lepidus, Brutus’ Vernehmer (Matthias Mezes), bleibt beängstigend ruhig, während er mit kleinen Gesten seine Schergen zu weiteren Torturen anweist und langsam seine Zigarette raucht.

© Laura Spes
Die Grausamkeit ist allgegenwärtig in dieser Produktion. Die Kellerwände scheinen sie zu reflektieren. Und trotz radikalen Szenenumbrüchen, Textvermengung à la carte und feinsinnigen Kommentaren zur aktuellen politischen Situation bleibt die klare Linie der Regieführung deutlich zu erkennen. Es macht alles Sinn, und genau das fehlt jungem Regietheater sonst. Auch hier sind die interpretatorischen Ansätze nicht ganz einfach zu verstehen, aber nachzuvollziehen. Ein Fakt, den sich so mancher gestandene Theatermacher zu Herzen nehmen könnte. Viel Applaus für ein hochqualitatives Erstlingswerk mit beißender Kritik, mitreißender Dynamik und begeisternden Darstellern.

Informationen unter www.hausderkleinenkuenste.de

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